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AutorenbildMarkus Wachter

Fifty Shades of Narcissm

Aktualisiert: 20. Feb. 2020


Der Frühling zieht langsam aber sicher ins Land und in den Blumengeschäften sind sie kaum mehr zu übersehen. Eine weiß-gelbe, glockenhafte Blüte mit betörendem Duft, flankiert von zierlich-grünem Blattwerk - die Narzisse. Eine richtige Augenweide im Glanz der Frühlingssonne. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Narzissen sind nicht nur strahlend schön und duftend süß - Narzissen sind auch giftig. Zum eigenen Schutz selbstverständlich. Für Tier und Mensch kann das aber durchaus schwerwiegende Konsequenzen haben. Der Selbstschutz hat aber auch für die Narzisse Risiken. Wird zu viel der schützenden Pflanzenextrakte abgesondert, hindert das die Wasseraufnahme und die Pflanze vertrocknet.


Narzissen finden wir nicht nur zunehmend in den frühlingshaften Blumentrögen, wir begegnen vor allem deren Namensvettern immer häufiger in unserem sozialen Umfeld. Die Blütezeit scheint voll im Gange. Sie gedeihen großartig - die NARZISSTEN.


Meist hört man auf die Frage zur Erfahrung mit Narzissten schnell: "Oh ja - ich war 20 Jahre mit einem verheiratet", oder "...ja, der Trump, das ist ein Narzisst". Aber auch im eigenen Arbeitsumfeld wird man fündig. "Mein Chef, oja - das ist ein Narzisst, wie im Bilderbuch", oder "Meine Kollegin - jemanden selbstverliebteren als sie findet man kaum".


Aber was ist es eigentlich, dieses Phänomen des "Narzissmus", das zunehmend unseren Alltag "beherrscht". Was verleiht dem Narzissmus die die Strahlkraft, die wir nicht nur in den Medien vermehrt wahrnehmen.


Narzissmus wird in der Psychologie als Persönlichkeitsstörungen definiert - gekennzeichnet durch ein Übermaß an Selbstliebe. Zu einer Störung wird es allerdings erst , wenn dieser Umstand - wie der Name schon sagt - jemanden stört oder sogar jemanden schädigt. Meist erkennen das aber nicht die Menschen, die diese Störungsmuster tragen, sondern einzig jene, die ein daraus resultierendes Verhalten nicht (mehr) ertragen.


Narzissten sehen sich selbst als Zentrum der Welt - oder noch besser - als Zentrum des Universums, als strahlender Fixstern um den alles kreist. Die Energie beziehen sie allerdings nicht aus ihrem Kern, sondern aus Ihrem Umfeld - aus den Planeten und Himmelskörper, die sie umkreisen (dürfen). Manche davon sind ganz nah und damit Teil des Glanzes, aber ganz viele verlieren auf dem Weg zum Fixstern die für ihre Existenz nötige Masse. Sie verlieren Ihre Anziehungskraft, ihre eigene Strahlkraft und sind dann schnell nicht mehr Teil des Narzissten-Kosmos. Sie werden assimiliert oder sie verpuffen.


Narzissten findet man sehr häufig in hochrangigen und einflussreichen Positionen, wobei sie dabei nur selten die jeweiligen Positionen besetzen, sondern vielmehr IHRE Rolle darin spielen. Dabei erscheinen sie machtvoll und skrupellos oder - im positiven Sinn - entscheidungsstark. Wie ein Schauspieler auf der Bühne brauchen Narzissten das Publikum zum Leben und zum Überleben. Der Applaus - speziell von den ersten Reihen - kann gar nicht groß genug sein, um der Brillanz des Narzissten in der Chefetage gerecht werden zu können. Wer mitspielt ist dabei, wer applaudiert ist zumindest im Theater, wer keines von beiden tut, ist für den Narzissten nicht existent.


Narzissten leben von den Emotionen der anderen, ohne selbst Emotionen richtig spüren zu können. Es ist auch nicht primär die Selbstliebe, die sie treibt, sondern viel mehr die Selbstsucht unter der sie oft leiden. Sie lesen richtig - Narzissten leiden (auch). Narzissten treiben nicht nur ihre Mitmenschen vor sich her, sie sind auch selbst Getriebene. Das Muster ist zumeist der für sie fehlende Unterschied zwischen Liebe und Anerkennung. Narzissten sehnen sich nach der Liebe, die sie in den frühen Lebensjahren nicht oder nicht ausreichend bekommen haben. Im Hier und Jetzt versuchen sie dieses angehäufte Liebesdefizit durch Anerkennung zu kompensieren und Anerkennung bekommt man durch Leistung. Damit schließt sich der Kreis. Narzissten fordern nicht nur viel, sie leisten dafür auch übermäßig viel und das darf niemand im Frage stellen. "Glänze für deine Leistung und Leiste für deinen Glanz", so das Mantra vieler Narzissten.


Aber warum begegnen wir gerade jetzt so vielen Narzissten? Ganz einfach - die Anzahl der Bühnen für die Befriedigung narzisstischer Sehnsüchte sind in den letzten Jahren exponenziell gewachsen. Facebook, Twitter & Co haben in mehrfacher Hinsicht den Zeitgeist getroffen. Viele Narzissten nutzen die Bühnen dieser Plattformen um die eigene Strahlkraft ins recht Licht zu rücken. Viel mehr dieser Narzissten sitzen allerdings im Publikum und wollen dabei nur am Glanz des Protagonisten kratzen um der eigenen Grandiosität ausreichend Raum zu geben. "Wenn ich schon nicht ausreichend in der Sonne stehe, dann will ich zumindest möglichst viele hinter meinem Schatten vereinen", so die Einstellung der narzisstisch geprägten Kommentatoren und Hassposter im Netz.


Nach all diesen Annahmen und Beobachtung wäre es doch naheliegend, dass Narzissten schon auf Grund dessen, dass sie gemieden werden, eine aussterbende Spezies sein müssten. Das Gegenteil ist der Fall. Wer einen Narzissten als "Führungskraft" hat, der braucht sich oft nicht selbst die Ellbogen blutig schlagen - das erledigt erhobenen Hauptes der Narzisst für einen. Wie Schneepflüge ziehen sie ihre Spuren durch den Geschäftsalltag und der Weg ist damit frei für eine Vielzahl an "Followern". Die Währung dafür ist ein Übermaß an Lob und Anerkennung. Da wird dann geklotzt und nicht geklettert.


Es ist letztlich auch dieser Hauch an Bewunderung für den Narzissten, das das (eigene) Leid immer wieder in den Hintergrund rücken lässt. Oft sind es aber auch die eigenen Ängste und Unsicherheiten, die einen scheinbar zwingen im Flow des Narzissten mit zu schwimmen. In immer unsichereren Zeiten ist es doch auch angenehm sich in der vermeintlichen Sicherheit eines Narzissten zu wiegen. Vielleicht wird man am Ende des Tages ja doch vom Narzissten mit einer Sternschnuppe bedacht.


"Aber was kann ich jetzt machen, gegen meinen narzisstische/n Chef/in oder mein/e narzisstische Kolleg/in?", werden Sie sich jetzt vielleicht fragen.


Ernüchternde Antwort: GEGEN den Narzissten können Sie nur wenig ausrichten aber FÜR sich SELBST können Sie vieles tun. Der Narzisst hat Sie nicht in der Hand - höchstens manchmal im Netz - und das hat Löcher :-). Lassen Sie es nicht zu, dass Sie sich als ganze Person dem Narzissten ausliefern, dazu sind Sie eindeutig zu vielfältig und Sie haben Ecken und Kanten. Finden Sie heraus, welche Teile von Ihnen den Verlockungen des Narzissten verfallen, benennen Sie auch jene, die unter dem Einfluss des Narzissten leiden und stärken Sie die Teile Ihrer Persönlichkeit, die vor Angriffen des Narzissten schützen. Entscheiden Sie sich letztlich ganz bewusst welcher Teil von Ihnen dem Narzissten wann gegenüber tritt und lassen Sie es nicht zu, dass ein Narzisst Sie als Person und Persönlichkeit zur Gänze in seinem Einfluss hält. Dazu sind Sie zu WERTvoll.


Ich habe in diesem Artikel ganz bewusst auf die Geschichte von Narkissos, dem Sohn eines Flußgottes und einer Nymphe verzichtet - das können Sie ganz einfach googlen - was ich Ihnen auch empfehlen würde. Interessante Beträge zum Phänomen Narzissmus finden sie bspw. in den Büchern von Reinhard Haller (Die Narzissmusfalle) oder Hans-Joachim Maaz (Die Narzisstische Gesellschaft).


Nahelegen möchte Ich Ihnen auch ein Themenfrühstück zum Thema Narzissmus am 20.03.2020 im Rahmen des Themenzyklus "Mensch, Gesellschaft und Organisation" in Wien, dem auch eine gleichnamige Seminarreihe folgt.


Infos dazu finden Sie unter: www.kick-off.at (Rubrik: Termine)


Ich freue mich auch auf jegliches Feedback und Beiträge - unter der Voraussetzung, dass Sie Ihren ganz persönlichen Narzissten dabei auf die billigen Plätze verbannen und meinen am Leben lassen :-)

















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