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AutorenbildMarkus Wachter

“Gemeinsam schaffen wir das” - Führen und Entscheiden in der (Post) Corona Ära

„Gemeinsam schaffen wir das“, so Botschaft, die uns aktuell tagtäglich aus allen Medien kommuniziert wird. Noch nie in der jüngeren Geschichte ist Gemeinsamkeit so großgeschrieben worden und noch nie hat sich Gemeinsamkeit so einsam angefühlt wie dieser Tage. 

Irgendwie zusammen und doch alleine, irgendwie gemeinsam und doch getrennt – Social Distancing eben.  Aber ist es nicht die globale Nähe und Gemeinsamkeit, die uns dieses Dilemma mit Corona erst eingebracht hat? Kurze und schnelle Wege in jede Ecke des Globus im Sinne einer fast durchgehenden globalen Nachbarschaft. Diese Form der Gemeinschaft ist jetzt gerade eher nicht gefragt. 

Aber was ist nun das Anliegen der Gemeinsamkeit in Zeiten von Corona? Ist sie das Problem, ist sie zumindest Teil Lösung oder gar beides gleichzeitig? Verwirrt Sie das ebenso wie mich?

Vermummen wir uns

All diese Fragen, die keine klaren Antworten zulassen, betreffen in Zeiten der Krise immer mehr Menschen. Was gestern noch richtig und wichtig war, ist heute vielleicht schon irrelevant und morgen schon wieder ganz anders. Vor weniger als zwei Jahren haben wir heiß über das Vermummungsverbot diskutiert – der öffentlichen Sicherheit wegen. Und heute? Heute dürfen wir – groteskerweise – nicht ohne eine Maske mit 2/3 Bedeckung des Gesichtes eine Bank betreten – sogar unter Androhung von Strafen. Von Vermummungsverbot spricht heute niemand mehr. Auch hier produziert erst die Rahmenhandlung einen Sinn – und manchmal eben auch einen Unsinn. 

Die Welt scheint an immer mehr Stellen aus dem gewohnten Rahmen zu gleiten und kaum jemand ist da, der sich aktuell in der Lage sieht neue Rahmen zu zimmern. Diese Beobachtungen gab es schon zuhauf vor Corona – es ist aber Krise, die diese Prozesse für alle wahrnehmbar beschleunigt bzw. erst sichtbar macht. 

Lenken wir die Aufmerksamkeit aber nun von der großen Bühne der Gesellschaft auf die so vielfältigen Schauplätze der Organisationen. Speziell in Zeiten der Krise sind alle auf der Suche nach den notwendigen neuen Rahmen, gezimmert aus dem Holz gut gefestigter Entscheidungen. Wer diese trifft, der führt und wer dies regelmäßig macht, ist dann die vielbeschworene Führungskraft. Die ureigenste Funktion von Führungskräften ist die Versorgung der jeweiligen Organisationen mit Entscheidungen. Entscheidungen – mit Weitblick getroffen und über ausreichend lange Zeit stabil und richtungsweisend.

Neue Bedingungen für Entscheidungen

Wenn sich aber nun die Bedingungen, unter denen Führungskräfte Entscheidungen treffen sollen, in immer kürzeren Abständen maßgeblich ändern, ist das Versorgen der Unternehmen mit hinreichend tragfähigen Entscheidungen in Gefahr. Es fanden sich schon vor der Krise immer weniger MitarbeiterInnen, die dauerhaft bereit waren, die wachsenden Erwartungen an die Entscheidungsfähigkeit einer Führungskraft zu schultern. Die Last im Rucksack einzelner Führungskräfte verbarg immer mehr die Gefahr zum Bremser zu werden, denn als Fahnenträger an vorderster Position zu agieren. Immer mehr Akteure wurden auf diesem Weg auch zurückgelassen.

Die Führungskraft im Sinne eines gut ausgestatteten Schweizer Taschenmessers wird zunehmend zum Auslaufmodell. Für jedes Problem die passende Entscheidung aus der Hosentasche klappt nicht mehr so gut wie noch vor einigen Jahren. Für die großen Schrauben und Bolzen reicht das beste Schweizermesser nicht mehr aus – da braucht es schon richtig gute Werkzeuge um auch an den großen Schrauben, die vielleicht über die Jahre schon etwas angerostet sind – zu drehen. Ein gut ausgestatteter Werkzeugkasten wäre an dieser Stelle sehr hilfreich. Den jeweils passenden Schlüssel in der richtigen Dimension, zur richtigen Zeit am richtigen Ort – das wäre doch was? 

Über Führungskräfte und Schlüsselspieler

Folgen Sie mir nun weiter auf dem Weg des „Neudenkens“ von Führung in Organisationen und ersetzen Sie in Ihrem Gedankengerüst das Wort „Führungskraft“ durch den Begriff „Schlüsselspieler“ (engl. Keyplayer). Schnell wandelt sich das Bild von der heroischen Führungskraft hin zu einem Feld, vielleicht sogar zu einem Spiel, wo es mehrere Akteure gibt, die in bestimmten Situationen gerne nicht nur ihre Fähigkeiten, sondern auch ihre Führungs- und Entscheidungskompetenz einbringen können und sogar wollen. An dieser Stelle ist das Kollektiv gefragt, das für die sich laufenden ändernden Rahmenbedingungen den jeweils passenden Schlüsselspieler bzw. Schlüsselspielerin die Entscheidungskompetenz zugesteht und damit die Entscheidungsmacht verleiht.

Entscheiden in der Krise nach Notfallplänen ist etwas Anderes als entscheiden im Alltag nach Prinzipien und Richtlinien. Führen im virtuellen Raum folgt anderen Prinzipien als Führen in Präsenzformaten. Steuern von Entwicklungsteams braucht andere Kompetenzen als das Steuern von Organisationsteams. 

Die Rahmen, unter denen Teams und Organisationen heute agieren müssen, um erfolgreich zu sein, sind ständig wechselnde. Damit ändern sich auch Anforderungen an die Akteure in diesen Teams und Organisationen – und damit auch die Anforderung an die jeweiligen Entscheidungskompetenzen.

Führung als Sharing

Führung wird durch Einbeziehung von wechselnden SchlüsselspielerInnen zu einem teilbaren Gut innerhalb von sozialen Strukturen. Je nach Rahmen sind es unterschiedliche Spieler, die den Lead innerhalb von Teams und Organisationen übernehmen können. Die Last auf den Schultern von einzelnen, in möglichst vielen Disziplinen Verantwortung zu tragen und Entscheidungen zu treffen, wird damit über die Zeit auf viele Schultern verteilt und kann damit auch gut gemeinschaftlich getragen werden. 

Geteilte Führung und geteilte Verantwortung heißt aber auch geteiltes Wissen und geteilte Information. Das Prinzip „Wissen ist Macht“ funktioniert in Teams, wo geteilte und damit vergemeinschaftete Verantwortung kultiviert wird nicht mehr. Ob eine Information relevant ist, obliegt dann nicht mehr einer einzigen Führungskraft, sondern dem Urteil des Kollektivs. Auch hier gilt „alle gemeinsam, besser als einsam“. Geteilte Führung wird damit schnell zur gemeinsamen Führung und gemeinschaftlich getroffene Entscheidungen sind meist nachhaltiger als vielfach einsam festgelegte Vorgaben.

Denn durch diese Form der Vergemeinschaftung von Wissen, Information und Verantwortung bis hin zu Entscheidung und Führung schaffen Sie die Basis dafür, aus Ihren MitarbeiterInnen-Ressourcen (Human Resources) ein MitarbeiterInnen-Kapital (Human Capital) zu machen, das Ihre Organisation – gut ausgestattet mit Entscheidungskompetenz - auch durch kommende Herausforderungen steuern lässt.

Die von mir hier ausgeführten Gedanken scheinen Ihnen absurd? Vielleicht zu wenig konkret? Das mag schon sein, denn jede Organisation ist anders und braucht damit auch sehr individuelle Anpassung um in einer Welt der stetigen Veränderung und immer wiederkehrenden Krisen ausreichend beweglich zu bleiben bzw. zu werden. Das Teilen von Wissen, Information und Verantwortung bis hin zur Form der Entscheidungsfindung in einer VUKA Welt sind Puzzlestücke, die vielleicht nicht beim ersten Platzierungsversuch das große Bild sichtbar machen. Doch wenn Sie dranbleiben und an Ihrem Organisationspuzzle stetig weiter bauen, wird sich – Schritt für Schritt – ein Bild ergeben. Das Bild einer Organisation, das die Erfahrungen der Vergangenheit kombiniert mit den Erkenntnissen der Gegenwart für die Herausforderungen und Möglichkeit der Zukunft.

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