"Meister oder Master" ist die Titelgeschichte des Magazin GEWINN im Spätherbst 2019. Der Beitrag beschäftigt sich damit, dass Handwerk(er) tatsächlich wieder einen goldenen Boden und damit goldene Zeiten vor sich hat/haben. Aber wie schaut es mit den dahinterliegenden Organisationen aus - den Betrieben, den Behörden, den Einrichtungen, den Konzernen?
Wenn man mit TeilnehmerInnen am täglichen Organisationsgeschehen spricht, hat man nur selten den Eindruck, dass klassische Organisationen aktuell goldene Böden produzieren und goldenen Zeiten entgegen blicken - doch warum ist das so?
Dazu gibt es wohl zumindest immer um eine Frage mehr als jeweils dazugehörende Antworten. Eine Erklärung aber könnte sein, dass in den letzten Jahren Organisationen zunehmend auf dem Gerüst von Theorien, mathematischen Modellen und kaufmännischen Kennzahlen erbaut oder neu erfunden wurden. Schneller, höher und weiter wurde für viele Organisationen übersetz in effizienter, kompromissloser und (kurzfristig) wirtschaftlicher. In dieser Rechnung wird dann zumeist miteinander, langfristiger und nachhaltiger herausgekürzt. Redundanzen und scheinbare Doppelgleisigkeiten werden "erfolgreich" erkannt und eliminiert - zu oft auf Kosten der notwendigen Bewegungsräume und der organisationalen Stabilität.
Organisationen sind lebende Systeme und haben damit auch das Bedürfnis als etwas Lebendiges erkannt, geschätzt und behandelt zu werden. Eine wesentliche Aufgabe ist es deshalb, sich mit dem System Organisation zu beschäftigen, es zu beobachten, seine Eigenheiten zu erkennen und MIT diesen zu arbeiten, anstatt diese mit teilweise hohem Aufwand eliminieren zu wollen.
Eine Organisation gilt es zu behandeln wie das erfahrene Handwerker mit ihren Werkstücken machen, die letztlich mehr als bspw. nur eine Skulptur werden sollen. Es gilt etwas besonderes zu schaffen, aus einem lebendigen Werkstoff, der durch die Bearbeitung nicht nur einzigartiger, sondern auch wertvoller wird. Je nachdem, in welcher Umgebung das Werkstück sich befindet, wird es mitunter (ab)genützt, es erodiert durch Wind und Wetter oder es wird sogar beschädigt. All das gilt es mit großer Aufmerksamkeit zu beobachten und zu erkennen - um dann mit einem passenden Werkzeug, gut überlegt wieder Hand anzulegen.
Mit diesem Bild wird das Entwickeln von Organisationen (wieder) zum Handwerk und handwerkliches Geschick zur Managementaufgabe. Die Haltung des Handwerkers ist das, was ein Werk lebendig werden lässt. Es gilt zu schrauben und zu schleifen, zu kneten und zu formen und immer wieder zu polieren und zu veredeln - manchmal nacheinander und immer wieder gleichzeitig. Zwischendurch sollte man aber immer daran denken, sein Werk zu bewundern und sein Dasein zu schätzen. Auf diese Weise lassen sich Organisationen be_greifen und be_handeln und erfolgreich weiter_entwickeln.
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